Richtlinie 2014/47/EU technische Unterwegskontrolle in Verbindung mit der Ladungssicherung
Richtlinie 2014/47/EU technische Unterwegskontrolle in Verbindung mit der Ladungssicherung
… Fortsetzung DEGENER BKF-Newsletter 08/2017
Die in der Richtlinie aufgeführten Beschleunigungswerte sind schon lange überholt. Diese stammen aus den 70er Jahren. In der Spitze sind bei einer Notbremsung über 1,0 g zu erwarten. Zur Seite wurden schon bis zu 0,8 g gemessen. Die Fahrzeugtechnik hat sich seit den 70er Jahren massiv geändert. So ermöglichen beispielsweise die Wankregelung in Verbindung mit Niederquerschnittreifen Kurvenbeschleunigungen die deutlich über 0,5 g liegen können.
Im Anhang III der Richtlinie steht beispielsweise in der Tabelle 1 unter dem Punkt 10.4.1., dass eine für die Ladungssicherung genutzte Runge mit ersichtlichen Rostschäden und somit eine Schwächung des Bauteils, ein erheblicher Mangel darstellt. Wer soll das beurteilen? Wenn das Bauteil gebrochen ist, stellt es einen gefährlichen Mangel dar. Das ist klar. Die meisten Rungen verfügen über keine Kennzeichnung hinsichtlich ihrer Belastbarkeit. Eine Kennzeichnungspflicht mindestens für neue Fahrzeuge wäre deshalb sinnvoll.
Bei der Klassifizierung gibt es auch Unstimmigkeiten: Ein geringer Mangel liegt vor, wenn die Ladung zwar sachgerecht gesichert ist, aber möglicherweise ein Sicherheitshinweis angezeigt ist. Wenn sachgerecht ausreichend bedeutet, ist ein Sicherheitshinweis entbehrlich! Bei den gefährlichen Mängeln sollte deutlich gemacht werden, dass ein Kippen des Fahrzeugs aufgrund von Ladungsbewegung (Zertifizierter Aufbau und Ladungssicherung) nicht hinnehmbar ist. Zertifizierte Aufbauten (Sattelauflieger mit seitlicher Schiebeplane) können schon bei Kurvenbeschleunigungen unter 0,3 g, wenn der Aufbau die Ladung alleine sichern soll, aufgrund des Nachgebens des Aufbaus und der Verwindung des Aufbaus, umkippen.
Außerdem steht unter dem Punkt 2 im Anhang III der Richtlinie Kontrollverfahren: … zusätzlich oder alternativ erfolgt eine Messung der Zugkräfte. Das Messen der Zugkräfte (Vorspannkräfte) ist aber gar nicht möglich, da die Messgeräte (noch) nicht eichfähig sind. Ein Abstand zur Stirnwand bis 15 cm wird in der Tabelle1 der Richtlinie als erheblicher Mangel aufgeführt. Auch ein Ladungsabstand unter 15 cm zur Stirnwand kann tödlich enden! Erst ein Abstand über 15 cm, sowie bei der Gefahr des Durchdringens durch die Wand, wird er als gefährlich eingestuft!
Aus der Praxis: Eine Lücke von ca. 5 cm führte zu einem Ladungsverlust mit erheblichen Personen- und Sachschaden. Hier muss eine Klarstellung bei den Abständen erfolgen! Auch zur Seite und nach hinten sind Abstände bis 15 cm als erheblicher Mangel zu beurteilen. Links 14 cm und rechts 14 cm Abstand. Ist das nun ein erheblicher Mangel oder ein gefährlicher Mangel? Die Lücken können dazu führen, dass sich die Ladung verschiebt und das Fahrzeug zum Umkippen bringt. Bei dieser Betrachtung ist auch zu beachten, dass sich der Aufbau noch bis 30 cm durchbiegen darf (EN 12642). Es bedarf dringend einer Klarstellung bei Anwendung der gesamten Tabelle I im Anhang III der Richtlinie. Es ist dringend anzuraten, dass Sachverständige aus dem jeweiligen Wissensgebiet bei der technischen Auslegung, bzw. Klarstellung eingebunden werden. Die Kontrolle steht und fällt mit ihrer Glaubwürdigkeit. Wenn man Maßnahmen auf Grund der Kontrollkriterien nicht mehr erklären kann, ist das nicht zielführend und sollte schleunigst geändert werden.
Außerdem sollte es bei der Ladungssicherung nur zwei Mängelgruppen geben: Gering und gefährlich. Momentan unterscheidet man zwischen Gering, Erheblich und Gefährlich. Weiterhin ist für den Unternehmer sowie seinem Fahrpersonal nicht ersichtlich, warum es zwei Regelungen gibt. Fährt man nach der nationalen oder der internationalen Richtlinie? Wie sehen dann die entsprechenden Unterwegskontrollen aus?
Nach neuester Erkenntnis soll in Deutschland weiterhin gemäß der Straßen-Verkehrs-Ordnung § 22 „Ladung“ Abs. 1 kontrolliert werden. Im Referentenentwurf (11.07.2017) wurde klargestellt, dass in Deutschland weiterhin auf Basis der Straßen-Verkehrs-Ordnung und hier nach § 22 „Ladung“ kontrolliert wird. Es besteht nach Ansicht des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur keine Verpflichtung, die in der EU Richtlinie aufgeführten Normen anzuwenden. Hieraus ableitend werden national die Richtlinien VDI 2700ff sowie die anerkannten Normen bei der Kontrolle Anwendung finden. Wird ein Anfangsverdacht einer technischen Unzulänglichkeit erhärtet, wird eine tiefergehende Untersuchung des technischen Sachverhaltes vorgenommen. Diese Untersuchung kann dann zum Beispiel in zertifizierten Fachwerkstätten erfolgen. Eine Behebung des Mangels könnte dort ebenfalls erfolgen.
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Rolf Dänekas, öbuv Sachverständiger