Neues vom intelligenten Fahrtenschreiber
Seit mehr als 15 Jahren sind digitale Fahrtenschreiber Bestandteil in jeder Aus- und Weiterbildung für Berufskraftfahrer und auch in der Weiterbildung der Ausbilder unverzichtbar.
Die nächste als 2. Generation bezeichnete Stufe der technischen Entwicklung begleitet uns in Form der intelligenten Fahrtenschreiber, die auch unter dem Begriff Smart Tachograf geführt wird, ist seit rund zwei Jahren im Markt anzutreffen. Deshalb heißt es für Referenten in der BKF-Weiterbildung, für Fahrlehrer und Ausbilder sich intensiv mit der Technologie und deren rechtskonformer Anwendung intensiv auseinanderzusetzen.
Erkennung des Fahrzeuggewichts beim Release 4.0e
In diesem Sommer haben die beiden Hersteller vom DTCO 1381 und dem SE 5000 jeweils neue Versionen vorgestellt, die als weiterer Entwicklungsschritt auf dem Weg zum verbesserten und damit intelligenteren Fahrtenschreiber dienen. Die Marke VDO spendierte ihrem DTCO 1381 im Release-Stand 4.0e nunmehr einen Arbeitszeitcounter, die automatische Erkennung eines Grenzübertritts sowie die Erfassung des Fahrzeuggewichts und der Achslasten gemäß der DVO (EU) 2019/1213. Sobald die Fahrzeughersteller in der Lage sein werden, die OnBoard-Wiegesysteme mit den geforderten Toleranzen zur Gewichtserfassung zu liefern, sollen nach dem Willen der Europäischen Kommission bis Ende Mai 2024 die Fahrzeuggewichte ebenfalls via DSRC (Dedicated Short Range Communication) fernausgelesen werden können.
Automatische Erkennung des Grenzübertritts beim SE 5000
Stoneridge als schwedischer Hersteller des SE 5000 bietet in der Revision 8RG ebenfalls die automatisierte Erkennung des Grenzübertritts. Anders als beim DTCO, der erst am Ende des Tages dem Fahrer einen Vorschlag zum Land, in dem der Arbeitstag beendet wird, anbietet, reagiert der SE 5000 bereits 120 Sekunden nach Grenzübertritt mit einer Meldung, das die Ländereingabe auf das erreichte Land angepasst werden muss. Die automatische Ereignismeldung kann derzeit noch über eine Einstellung mittels der Unternehmenskarte ausgeschaltet werden. Eine gelungene Innovation verbirgt sich hinter der automatischen Umstellung auf eine andere Zeitzone, wenn durch Grenzübertritt zwischen z. B. Schweden und Finnland oder von Spanien nach Portugal diese Anpassung der Ortszeit erforderlich ist.
Unter Anwendung von Ausnahmen kann es erforderlich sein, dass ein Fahrer vor vollständig absolvierter täglicher Ruhezeit einen neuen Lenkzeitabschnitt beginnen muss. Hier bietet der neue Stoneridge die Möglichkeit, den Lenkzeitabschnitt individuell zu starten. Dabei zählt die Zeit im linken Sektor abwärts und rechts aufwärts, um dem Fahrer die bestmögliche Kontrolle der erbrachten Zeiten zu gewährleisten.
Ein aktuell heiß diskutiertes Thema ist die Eingabe zum tatsächlichen Beginn des Arbeitstages mittels der Eingabe „Beginn Land“. Die viele Jahre geschulte Auffassung, dass der Arbeitstag eines Kraftfahrers erst mit dem Stecken der Fahrerkarte beginnt, mag für den Fernverkehr gegolten haben, wenn der Fahrer seine Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht hat. Für Unternehmen, die z. B. im regionalen Verteilerverkehr Beförderungen durchführen oder für das Baugewerbe und für Kraftverkehrsunternehmen die Personen im Gelegenheitsverkehr befördern, kann diese Auffassung nicht geteilt werden. Hier beginnt der Arbeitstag für den Fahrer bereits mit dem Empfang der Schlüssel und Papiere oder sogar bereits mit dem Umkleiden, wenn besondere Arbeitsschutzkleidung zu tragen ist. In solchen Fällen muss die Eingabe „Beginn Land“ bereits mit dem manuellen Nachtrag vorgenommen und am Ende des Nachtrages ein zweites Mal bestätigt werden, damit der Abfahrtkilometerstand dem Fahrer zugeordnet wird und der betreffende 24-Stunden-Rahmen definiert ist.
Für solche Anwendungen bietet der SE 5000 8RG die Möglichkeit, den Arbeitstag separat starten und beenden zu können. Im Menü kann der Fahrer die Eingabe mit der Auswahl JA/NEIN quittieren.
Warum muss der Fahrer „Beginn Land“ zweimal eingeben? Am Beispiel der beiden Ausdrucke ist zu erkennen, was passiert, wenn „Beginn Land“ vor dem Steckzeitpunkt der Fahrerkarte im Massenspeicher des Fahrtenschreibers registriert wird. Im linken Ausdruck gab der Fahrer 1 den tatsächlichen Beginn seines Arbeitstages um 09:45 Uhr ein, setzte Artikel 34 Absatz 7 korrekt um, und unterdrückte die zweite automatische Abfrage nach „Beginn Land“ zum Steckzeitpunkt der Fahrerkarte. Im Ergebnis fehlt ihm die Zuordnung des Abfahrtkilometerstandes, welcher nach Absatz 5 Buchstabe d für die Benutzung von analogen Fahrtenschreibern gilt, wodurch ein Verstoß erzeugt wird (rote Umrandung). Fahrer 2 gab für den Beginn des Arbeitstages und den Steckzeitpunkt der Fahrerkarte jeweils „Beginn Land“ ein. Er erhält für die 2. Eingabe den Abfahrtkilometerstand (blaue Umrandung). Nunmehr beginnt sein Arbeitstag scheinbar zweimal, ein Umstand der manchen Kontrolleur ungerechtfertigt veranlasst eine Verwarnung auszusprechen. Einem solchen Tatbestand sollte in jedem Falle widersprochen werden.
Besondere Bedeutung erhält die doppelte Ländereingabe, wenn Reisezeiten zu einem auf einem Parkplatz abgestellten Fahrzeug zu dokumentieren sind.
5. Deutsches Fahrtenschreiberforum in Berlin
Wie unschwer zu erkennen ist, gibt es seit Einführung der intelligenten Fahrtenschreiber und mit dem in Kraft setzen des Mobilitätspaketes erneut eine Reihe rechtlich offener Fragen, die geklärt werden müssen. Einer Tradition folgend wird auch in diesem Jahr das Deutsche Fahrtenschreiberforum, eine nationale Institution zum Europäischen Fahrtenschreiberforum, zum 5. Mal stattfinden. Dazu treffen sich am 08. September 2021 in Berlin Vertreter aus den Reihen des Gesetzgebers, von Behörden und Verbänden, Vertreter der Hersteller und Sachverständige sowie Vertreter von Kraftverkehrsunternehmen um Lösungen zu erarbeiten und an den Gesetzgeber weiterzuleiten. Ausbilder mit tiefgründigem fachlichem Wissen zum Fahrpersonalrecht und zur Anwendung von Fahrtenschreibern sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.
Ausgerichtet wird das Deutsche Fahrtenschreiberforum vom Autor dieses Artikels, Dipl.-Ing. (FH) Göran Kronberg, der seit 2017 als einer der beiden ersten zertifizierten Sachverständigen für Fahrpersonalrecht und digitale Fahrtenschreiber in Deutschland über eine hohe Sachkompetenz und umfassendes Spezial-wissen verfügt, wovon natürlich auch die Kunden des DEGENER Verlags durch die bereitgestellte Fachliteratur profitieren.
G.K.