In Paragraph 3 „Geschwindigkeit“, Absatz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung heißt es im ersten Satz: „Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Witterungsverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. (…)“ – Bei der Diskussion um eine neue Einheits- bzw. zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften (a. g. O.), also auf „Landstraßen“, sollte im Vorfeld berücksichtigt werden, auf welche Streckenabschnitte sich solch eine Maßnahme bzw. Regelung bezieht. Die Frage lautet: Wie verhält es sich mit den Streckenabschnitten, die schon jetzt mit Beschränkungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit belegt sind oder auf denen Verkehrsbeeinflussungsanlagen (mit Matrixzeichen) den Verkehr regeln? Welche Strecken sind genau betroffen und welche Kriterien werden zur Beurteilung einer Geschwindigkeitsobergrenze zu Grunde gelegt?
Noch gibt es z. B. auf einigen Autobahnabschnitten das Hinweisschild Richtgeschwindigkeit „130“ – entstanden aus der so genannten Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung1) – zuletzt geändert im Jahre 2009 – dort ist ein Richtwert festgeschrieben, der den auf diesen Strecken befindlichen Kraftfahrzeugfahrenden ihre Verantwortung zur Überprüfung der eigenen gefahrenen Geschwindigkeit regelmäßig ins Gedächtnis ruft. Eine gute Idee!
Was sagt die StVO über die richtige Wahl der Geschwindigkeit? Sie zählt viele Faktoren auf, die für die richtige Wahl der zu fahrenden Geschwindigkeit entscheidend sind. Angefangen mit den persönlichen Fähigkeiten des Fahrers über die Straßenbeschaffenheit und Witterung bis zu den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung. Im StVO-Kommentar (17. Aufl. 8/2020) beschreibt R. Schurig zu § 3 – StVO – unter 2 Erläuterungen: „Fahren auf Sicht – nur so schnell zu fahren, dass innerhalb der übersehbaren Strecke vor einer Gefahrenstelle angehalten werden kann; Straßenverhältnisse – eine Straße nur so schnell zu befahren, wie es ihr Zustand erlaubt; Verkehrsverhältnisse – auch bei Anpassung an den Verkehrsfluss darf die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten werden; Gefahrenstellen und Wetterverhältnisse – bei Gefahrenstellen und ungünstiger Witterung richtet sich die zulässige Geschwindigkeit nach der Sicht und der Verpflichtung, noch vor Hindernissen rechtzeitig anhalten zu können.“ Weiterhin steht dort unter 2.4 Erläuterungen „Verkehrsbehinderndes Langsamfahren“: „Voraussetzung ist nicht die Behinderung eines Einzelnen, sondern des Verkehrsflusses, z. B. Fahren mit 80 km/h, wenn sich der Verkehrsfluss bei 100 km/h bewegt. Andernfalls würden Verkehrsteilnehmer zu sonst nicht gebotener Temporeduzierung oder riskanten Überholmanövern genötigt.“ – Dieser Teil der Erläuterung steht in Schurigs StVO-Kommentar zwar in einem anderen Kontext, so viel ist klar! – Zumindest für gut ausgebaute Strecken wirft diese Betrachtung aber die bange Frage auf: Könnte die Wahrscheinlichkeit überaus riskanter Überholmanöver durch eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit des gesamten Verkehrsflusses auf z. B. 80 km/h (a. g. O.) am Ende sogar zunehmen? – Statt pauschal zu regulieren, sollte man vielleicht stärker berücksichtigen, auf welche Streckenabschnitte sich die Regelung jeweils bezieht …
1) Verordnung über eine allgemein Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen und ähnlichen Straßen (Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung), zuletzt geändert im August 2009.