Exklusiv im Interview: Oliver Luksic – parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr
„Die Ausbildung von Fahrschülern*innen wird noch digitaler und herausfordernder werden als schon bisher!“
Herzlichen Glückwunsch! Sie sind seit der Regierungsbildung – neben Michael Theurer – einer der neuen parlamentarischen Staatssekretäre im Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Daniela Kluckert als parlamentarische Staatssekretärin ist ebenfalls zu nennen. Sie sind Verkehrsexperte und waren verkehrspolitischer Sprecher der Freien Demokraten.
Frage: Wie gefällt Ihnen Ihre neue Aufgabe als parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr u. A. für den Bereich Straßenverkehr?
„Die Aufgabe ist interessant, abwechslungsreich und herausfordernd, da Mobilität und eine gute Anbindung, ob per Verkehrsträger oder digital, Grundlage für individuelle Freiheit wie auch wirtschaftliche Wertschöpfung sind. Eines meiner ersten Themen beim Einstieg in die Politik war das begleitete Fahren ab 17. Bereits damals hat mir dieses Thema, stellvertretend für viele andere Bereiche, die Bedeutung der Verkehrspolitik für den Alltag vor Augen geführt.“
Im vergangenen Jahrzehnt gab es viele Studien und Konzepte zur Optimierung der theoretischen und praktischen Fahrschulausbildung. Wir werden das Thema weiterhin vorantreiben, denn wir wollen unser Land moderner und digitaler machen. Das gilt auch für die Fahrschulausbildung. Aktuell gibt es auf der Homepage der BASt online eine OFSA II-Vorabveröffentlichung zum „Ausbildungs- und Evaluationskonzept zur Optimierung der Fahrschulausbildung in Deutschland“.
Frage: Wie wird – nach Ihrer Einschätzung – die Fahrschulausbildung mittelfristig aussehen?
„Die Ausbildung von Fahrschülern wird noch digitaler und herausfordernder werden als schon bisher. Digitaler, da aufbauend auf dem Erfahrungsschatz der bereits vorliegenden digitalen Lehr- und Lernmittel auch der Unterricht digitaler wird, unabhängig von der konkreten Form als Blended-Learning oder synchronem E-Learning. Herausfordernder, da sich nicht nur die Antriebsarten der Kraftfahrzeuge weiterentwickeln werden. Außerdem wird auch der Straßenverkehr an sich komplexer, in dem sich Kraftfahrzeuge mit und ohne Assistenzsystemen, mit Schalt- oder Automatikgetriebe, angetrieben von Brennstoffen oder mit alternativen Antrieben bewegen.“
Der Gesetzgeber hat das FahrlehrerGesetz mit Inkrafttreten 2018 mit einer neuen Fahrlehrer-Prüfungsverordnung ausgestattet! Der Anteil der pädagogischen Qualifikation wurde nahezu verdoppelt, um die Qualität des theoretischen und praktischen Unterrichts zu erhöhen. Gerade erst hat der Bundesrat einem weiteren wichtigen Schritt zugestimmt: Mit der 15. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften hat das BMDV gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat insbesondere einheitliche Rahmenbedingungen für Ausnahmen für Online-Angebote in der Fahrschülerausbildung geschaffen, die sich während der Corona-Pandemie bewährt haben.
Frage: Welche Eigenschaften sollten die Fahrlehrer*innen der Zukunft haben?
„Grundsätzlich sollten Fahrlehrer Freude an der Ausbildung junger Menschen und an ihrem Beruf haben. Sie sollten ihn nicht nur als Job verstehen.“
Im Rahmen der Pandemie haben viele Fahrschulen Ihr Unterrichtsangebot (nach vorheriger Genehmigung der zuständigen Überwachungsbehörden) um einen digitalen synchronen Distanzunterricht erweitert.
Frage: Sollte OFSA II nicht schnellstens um eine repräsentative Studie erweitert werden, um die Erfahrungen der zurückliegenden zwei „Pandemie“-Jahre wissenschaftlich objektiv beurteilen zu können, um zuverlässige Entscheidungskriterien zu bekommen?
„Die Dauer der Pandemie hat alle überrascht und was als Übergangsregelung geplant war, nämlich die Möglichkeit zu schaffen, im Wege der Ausnahme theoretischen Fahrschulunterricht in Form von synchronem E-Learning durchzuführen, hat sich verstetigt. Der OFSA II-Bericht wie auch die gemachten Erfahrungen in den Fahrschulen bilden eine ausreichende Grundlage, in den anstehenden Beratungen mit Ländern und Verbänden zu entscheiden, in welchen Formen theoretischer Fahrschulunterricht zukünftig stattfinden soll. In jedem Fall wird es zu einer Evaluierung der getroffenen Entscheidung kommen.“
Die Digitalisierung ist für Fahrschulen nichts Unbekanntes. Angefangen bei einer leistungsfähigen Cloud-basierten Fahrschulverwaltung über Fahrsimulatoren, multimediale Vortragssysteme, umfangreiche Lernplattformen für die amtliche Prüfstoffvermittlung bis eLBe (elektronische Lernstands-Beurteilung) für die digitale Dokumentation der praktischen Ausbildung: Alle diese Beispiele sind längst im Tagesgeschäft einer Fahrschule angekommen.
Frage: Wie sollte der Theorieunterricht der kommenden Jahre gestaltet werden?
„Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich dem Ergebnis der Beratungen mit Ländern und Verbänden zur Umsetzung des OFSA II-Berichts nicht vorgreifen möchte. Es wird diesen Beratungen vorbehalten bleiben, das Für und Wider der verschiedenen E-Learningformen abzuwägen.“
Die Herausforderungen im Logistikbereich sind enorm! – Seit kurzem sind Sie zudem Koordinator der Bundesregierung für Güterkraftverkehr und Logistik.
Frage: Welche Aufgaben haben Sie da zusätzlich übernommen, ist das überhaupt in wenigen Sätzen zu beschreiben?
„Ich habe die Aufgabe des Koordinators der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik sehr gerne übernommen. Es ist klar, dass eine leistungsstarke Logistik sowohl Rückgrat der Wirtschaft als auch Grundlage der Versorgungssicherheit ist. Das trifft ganz besonders auf Deutschland als Exportnation im Herzen Europas zu. In meiner Funktion als Koordinator habe ich mir zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit der gesamten Branche dafür zu sorgen, dass wir in Deutschland weiterhin eine moderne und wettbewerbsfähige Transportwirtschaft haben. Dafür wollen wir vor allem Digitalisierung, Intermodalität und eine klimaschonende Logistik voranbringen. Ich sehe es als meine Aufgabe, jederzeit Ansprechpartner für die deutsche Logistik zu sein und gemeinsam mit der Branche die Zukunftsfähigkeit abzusichern.“
Durch seine geografische Lage ist Deutschland Logistikknotenpunkt Nr. 1 in Europa. Damit der Logistikstandort Deutschland weiter ausgebaut werden kann und führend bleibt, benötigen wir mehr gut ausgebildete Kraftfahrer*innen.“
Frage: Was kann die Branche attraktiver machen, um z. B. neue Fahrer*innen zu gewinnen, wo setzen Sie Ihre Schwerpunkte?
„Das Thema Fachkräfte- und Fahrermangel ist eine wachsende Herausforderung für alle Transportbereiche. Mit der wichtigen Frage, wie der Beruf des Berufskraftfahrers attraktiver gemacht werden kann, hat sich bereits der wissenschaftliche Beirat des BMDV befasst und festgestellt, dass der maßgebliche Hebel zur Steigerung der Attraktivität vor allem in einer besseren Entlohnung und besseren Arbeitsbedingungen liegt – mithin Maßnahmen, die von der Branche überwiegend selbst anzugehen sind. Wenngleich der Markt hier also in erster Linie selbst in der Verantwortung steht, trägt das BMDV im Rahmen seiner Zuständigkeit durch Schaffung eines geeigneten ordnungspolitischen Rahmens dazu bei, den Beruf attraktiver zu machen und mehr Fachkräfte zu gewinnen. So wurden seitens des Bundes und insbesondere des BMDV bereits umfangreiche Maßnahmen (mit-)initiiert, wie Förderprogramme für Nachwuchskräfte, Qualifizierungsprogramme für Flüchtlinge oder Erleichterungen für Visaerteilungen für Fahrpersonal aus Drittstaaten. Speziell um den Berufszugang zu erleichtern, unterstützt das BMDV insbesondere in den Bereichen Fahrerlaubnis- sowie Berufskraftfahrerqualifizierungsrecht und setzt klar auf weitgehende Modernisierung und Entbürokratisierung. Speziell für die Berufskraftfahrerqualifikation ist momentan eine Änderungsverordnung in Bearbeitung, wonach im Rahmen der – für die Praxis besonders bedeutsamen – beschleunigten Grundqualifikation auch eine Prüfung in Fremdsprachen möglich sein soll. Auf diese Weise soll speziell ausländischen Arbeitskräften der Berufszugang erleichtert werden. Zudem wird für die alle fünf Jahre vorgeschriebene Weiterbildung die Möglichkeit des E-Learnings eingeführt. Die Ausbildung wird mithin flexibler gestaltet und modernisiert. Als weiteren Schwerpunkt möchte ich die Verbesserung der Arbeitsbedingungen hervorheben. Dazu gehören zum Beispiel der Ausbau der Lkw-Parkplätze entlang der Bundesautobahnen und die Verbesserung der Sozialvorschriften für das Fahrpersonal im Rahmen des Mobilitätspakets Teil I seit dem Sommer 2020.“
Frage: Haben Sie einen persönlichen und spontanen Wunsch, der zu einer kurzfristigen Verbesserung der Verkehrssicherheit beitragen würde?
„Deutschland hat bereits heute ein hohes Niveau der Verkehrssicherheit erreicht, besonders vor dem Hintergrund einer stetig wachsenden Verkehrsleistung als Transitland Nr. 1 in Europa. Mein persönlicher Wunsch – der direkt zu einer schlagartigen Verbesserung der Verkehrssicherheit beitragen würde – wäre, dass sich jeder an die Regeln hält und sich nicht nur aufmerksam, sondern auch rücksichtsvoll gegenüber anderen und insbesondere den verletzlicheren Verkehrsteilnehmern verhält. Ich weiß, dass sich dieser Wunsch nicht kurzfristig erfüllen wird. Aber in diesem Sinne hat mein Haus im vergangenen Jahr den „Pakt für Verkehrssicherheit“ ins Leben gerufen, der unter dem Motto steht „Sichere Mobilität – jeder trägt Verantwortung, alle machen mit“. Wir müssen bedenken, dass Menschen mitunter auch einfach Fehler machen und diese Fehler leider oftmals zu schwerwiegenden Unfallfolgen führen. Deshalb lässt sich eine Vision Zero nur dann verwirklichen, wenn wirklich alle Akteure mit ihren Maßnahmen an einem Strang ziehen. Dazu haben wir als Bund die Länder und Kommunen, aber auch zahlreiche weitere Akteure rund um die Mobilität ins Boot geholt, um der Vision Zero näher zu kommen.“
Seit Dezember 2021 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr – Oliver Luksic, geb. 9. Oktober 1979 in Saarbrücken.
Er hat sein Studium mit den Schwerpunkten Europa und Volkswirtschaft an der Grande Ecole Sciences Po (IEP) in Paris mit Master-Abschluss absolviert und studierte ein Jahr am King’s College London. Seit 2000 ist er Mitglied der Freien Demokraten und seit 2011 Vorsitzender der F.D.P. Saar. Bis zu seiner Ernennung zum Staatssekretär war Oliver Luksic verkehrspolitischer Sprecher der F.D.P. – Seine Themenschwerpunkte: Planungsbeschleunigung, Logistik, Bundesfernstraßen, Straßenverkehr, Radverkehr, Fußgänger, Luftfahrt, Wasserstraßen. Zudem ist er neuer Koordinator der Bundesregierung für Güterkraftverkehr und Logistik und zentraler Ansprechpartner der Bundesregierung für die deutsche Logistikbranche.