Scooter mit „Schmetterlings“-Effekt
Der Deutsche Städtetag verlangt „klarere Spielregeln“ für E-Roller in Deutschland: „Die ersten Wochen mit Elektro-Rollern hätten gezeigt, dass Probleme unterschätzt worden seien,“ berichtet der Deutschlandfunk. Für einige Betroffene entwickele sich die ungezwungene multimodale Mobilität zu einer echten Einschränkung. Deshalb fordert der Deutsche Städtetag die Anbieter auf dafür zu sorgen, dass die E-Tretroller nicht kreuz und quer über die Bürgersteige fahren und dass die Scooter nach dem Gebrauch nicht einfach so herumstehen, sondern an definierten Abstellbereichen. Unterstützt wird die Geschäftsführung des Städtetages von der Präsidentin des Sozialverbandes Vdk, Verena Bentele. Die frühere Biathletin und mehrfache Paralympics-Gewinnerin, selbst sehbehindert, erklärt im Deutschlandfunk, die 20 km/h schnellen Flitzer sind „eine Gefahr für ältere Menschen, für Menschen mit Behinderungen, auch für kleine Kinder. Die können nicht so schnell und flexibel ausweichen. Die Gefahr geht auch von rumstehenden oder liegenden Rollern aus. Für jemanden wie mich, der nichts sieht: Ich kann jederzeit darüber stolpern.“
Die ambitionierte Aufklärung der Verleih-Anbieter geht offenbar ins Leere: „Wir empfehlen, einen Helm zu tragen. Wir machen eindeutig klar, dass man nicht zu zweit auf dem Scooter fahren darf. Wir sagen, dass die Gehwege Tabu sind. Wir verlangen auch von den Nutzern, dass sie ein Foto vom abgestellten Roller machen – das ist eine Art Schulungsmaßnahme.“ Gleichzeitig wird der Ruf nach mehr Kontrollen durch die Polizei laut – und der nach einer Null-Promille-Grenze für Scooter-Fahrer.
Die aus Österreich stammende Idee einer digitalen Fahrerschulung per App – angelehnt an die bekannten Apps zur Vorbereitung auf die Führerscheinprüfung und als E-Scooter-Führerschein bezeichnet – macht einen netten Eindruck und behandelt mit filmischer Unterstützung etwa ein Dutzend Fragen, die den Umgang mit den E-Scootern aufarbeiten. Wahlweise für Deutschland oder Österreich. Ob aber die freiwillige Beschäftigung mit dem Thema ohne Konsequenzen ausreicht, merkliche Auswirkungen auf das Verhalten zu erreichen, bleibt fraglich. – Schon Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) erkannte die Schwierigkeit, den Widerspruch zwischen der persönlichen Freiheit des Einzelnen und allgemein verbindlichen Regeln des Zusammenlebens so zu überwinden, dass beide Seiten zu ihrem Recht kommen und befand: „Zwang ist nötig.“
DiH (Redaktion)