Stürmische Seelen im Straßenverkehr
Für die Hamburger Morgenpost (MOPO) steht der Verursacher fest: „Miese Planung sorgt für Wut im Verkehr!“, lautet eine Schlagzeile der Online-Ausgabe* am 7. März und beschreibt einen „täglichen Kampf um Straßenraum“. Die „Verkehrsplaner der vergangenen Jahrzehnte haben aus rücksichtsvollen Fußgängern, Radlern und Autofahrern scharfe Hunde gemacht, die alles wegschnappen, was ihnen in die Quere kommt.“ Es sei an der Zeit, nicht mehr nur zugunsten einzelner, sondern für alle zusammen zu planen, wie es die Stadt Hamburg „Ende April am Hofweg zeigen“ wolle. Ob das aber ausreicht, daran hegt auch MOPO Rathaus-Redakteur Mike Schlink (28) gewisse Zweifel: „Wenn es sogar die Verkehrsplaner schaffen, sich zu bessern, dann bekommen die einzelnen Verkehrsteilnehmer es vielleicht auch hin. Autofahrer müssen Radler nicht schneiden. Und die müssen nicht über Rot fahren, Fußgänger nicht achtlos auf den Radweg latschen. – Jeder Einzelne kann dazu beitragen, dass das Verkehrsklima wieder besser wird“, meint er.
Eben nicht jeder, legen dagegen die Statistiken nahe: „Ein Team von BMW und der TU Chemnitz fand heraus, dass aggressive Menschen häufiger absichtlich gegen die Regeln verstießen und deshalb ein erhöhtes Unfallrisiko hätten. Kommen dichter Verkehr, Stress und Zeitdruck zusammen, können schon geringfügige Frustrationen gefährliche Wutanfälle auslösen“, erklärt Christian Müller von TÜV NORD**. Erstes Kennzeichen seien feindselige Gedanken gegenüber anderen, die schließlich dauerhaft den Fahrstil prägen können. Zum Drängeln brauche es dann keinen konkreten Anlass mehr.
„Das eigene Fehlverhalten werde als Reaktion auf vermeintlich unzumutbare Einschränkungen gerechtfertigt“, sagt Müller. „Laut Unfallforschung der Versicherer fanden fast 30 Prozent der Befragten, sie ‚müssten‘ drängeln, wenn ein Auto vor ihnen bummelt.“ Dass Frust und Ärger besonders beim Autofahren so leicht in Aggression umschlagen, liege an der speziellen Situation: „Man befindet sich zwar mitten in der Öffentlichkeit, aber zugleich in einem privaten Schutzraum,“ so der Psychologe. – Einziges Gegenmittel in einer von Überfüllung und Überplanung gestresst überforderten Menge an Verkehrsteilnehmern: Tief durchatmen, Ruhe bewahren und sich noch einmal die Grundregeln vergegenwärtigen: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ (Straßenverkehrsordnung, § 1 StVO).
DiH (Redaktion)