Warum an grüner Ampel warten?

© VW-Virtuelle Magnettafel / DEGENER

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Es ist einer dieser Fälle, in denen ein Fahrzeug erst in eine Kreuzung gelenkt, dann aber wegen Querverkehrs aufgehalten wird. Für gewöhnlich löst sich so ein „Knoten“ friedlich auf, gegebenenfalls unter Hup-Kommentaren, indem der steckengebliebene Nachzügler zuerst losrollt und dann der fließende Verkehr seine Fahrt wieder aufnimmt. In einem Fall ist es aber zu einem Unfall mit erheblichem Sachschaden gekommen, der in der zweiten Instanz vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm verhandelt wurde.

Unter der Überschrift „Nachzügler muss warten, wenn der Querverkehr schon länger Grün hat“ fasst der Pressesprecher des Gerichts den Sachverhalt zusammen: „Wer bei Grünlicht in eine Kreuzung einfährt und dann aufgrund eines Rückstaus den Kreuzungsbereich für längere Zeit nicht räumen kann, darf nicht blindlings auf seinen Status als bevorrechtigter „echter Nachzügler“ vertrauen, sondern muss sich vergewissern, dass eine Kollision mit dem Querverkehr, der (erst) nach mehreren Sekunden Grünlicht für seine Fahrtrichtung in die Kreuzung einfährt, ausgeschlossen ist.“ Im Einzelnen heißt das: Fahrzeug A ist bei Grün in die Kreuzung eingefahren, dann aber aufgrund der Verkehrslage nicht sehr weit gekommen. Es kann als „echter Nachzügler angesehen werden, weil es 1. bei Grün gefahren ist und 2. „die Fluchtlinie der Kreuzung bereits überfahren hat,“ bevor es zum Stehen kam. Unter Fluchtlinie wird dabei die gedachte Verbindung der Gehwegkanten (in der Grafik orange gestrichelt) verstanden. Zwar darf ein „Nachzügler“ nach Auffassung des Gerichts die Kreuzung grundsätzlich „gegenüber dem Querverkehr bevorrechtigt räumen“, aber nur vorsichtig und „unter sorgfältiger Beachtung des einsetzenden Gegen- oder Querverkehrs“.

Im verhandelten Fall steht Fahrzeug A aber schon seit mindestens 40 Sekunden im Kreuzungsbereich. Zu diesem Zeitpunkt zeigt die Ampel in Fahrtrichtung von A bereits seit mindestens 23 Sekunden Rot, und für Fahrzeug B seit mindestens 19 Sekunden Grünlicht. Es kommt zu einem Zusammenstoß, als Fahrerin A plötzlich zügig losfährt, um die Kreuzung zu räumen, während Fahrer B die mit Grün freigegebene Kreuzung ungebremst durchfährt.

Das Urteil des OLG: Je länger sich ein „Nachzügler“ im Kreuzungsbereich aufhält, desto eher habe er mit einem Phasenwechsel und anfahrendem Querverkehr zu rechnen. Er müsse dann davon ausgehen, dass der übrige Verkehr aus seinem Verhalten schließen könnte, dass er nicht weiterfahren werde. Deswegen dürfe er nach einer längeren Verweildauer nur dann weiterfahren, wenn er sich vergewissert habe, dass eine Kollision mit dem Gegen- oder Querverkehr ausgeschlossen sei (Oberlandesgericht (OLG) Hamm, 7 U 22/16).

DiH (Redaktion)